EINE KLEINE SKIZZE ÜBER MEINE KÜNSTLERISCHEN ABSICHTEN

Foto Julia Heberle

In meinem Beruf finde ich es wichtig, technisch stark zu sein, damit man im Stande ist, alle Ideen zu verwirklichen… jedoch nicht trocken und langweilig, "zu klassisch" und ständig das wiederholend, was man in früheren Jahrhunderten gemacht hat. Außer Portraits oder Bilder die ihren persönlichen Wert haben, soll, meiner Meinung nach, jedes Bild etwas Neues entdecken. So hat Michel Deon in seinem Buch über Salvador Dali gesagt: "Wurzeln, die tief in die Erde reichen, wo sie alles ansaugen, was der Mensch an "Schmackhaftem" (einer von Dalis Lieblingsausdrücken) in vier Jahrtausenden der Malerei… hervorgebracht hat. Antennen, die auf das Zukünftige gerichtet sind und alles Kommende wittern, die voraussehen und begreifen"

Und was für mich das Wichtigste ist: die Bilder müssen die Welt besser machen! Mir gefallen sehr unterschiedliche: außergewöhnliche und einfache, verrückte und "normale", primitive und komplizierte, wenn sie positiv wirken und die Welt irgendwie bereichern… den Menschen andere Horizonte öffnen. Was ich niemals machen würde: meine Depression auf das Bild "rauskotzen", damit sie noch viele viele Jahre mich selber daran erinnert und andere Menschen depressiv macht. es gibt genug Negatives auf der Welt, als das man es noch vervielfachen sollte.


PORTRÄT "ENERGETISCH" GESEHEN

Wenn ein Künstler ein Portrait malt, spiegeln sich unbewusst seine menschlichen Qualitäten im Bild wieder… Noch Leonardo da Vinci sagte, dass die Künstler es vermeiden sollen, eigene Gesichtszüge in das Bildnis reinzubringen… doch viel schwieriger ist es eigenes Wesen nicht hineinzumalen. Und da es fast unmöglich ist, bleibt eines:

Um ein gutes Portrait zu machen, muss man selbst gut drauf sein.

Eine positive Lebenseinstellung haben.

Die Leute mögen.

Im Mensch sein Bestes sehen.

Mein Landsmann Mark Chagall meinte: "Ein guter Mensch muss nicht immer ein guter Kunstmaler sein, aber ein guter Kunstmaler muss ein guter Mensch sein".

Braucht jemand ein Porträt, in dem der Maler seine Melancholie, seine innere Unsicherheit oder gar seinen "falschen Stolz" ausdrückt? Künstlerische Tätigkeit ist Arbeit des Geistes: seine Kraft zeigt sich durch dynamische sichere Linien, innere Logik überzeugt durch die Klarheit des Bildes.

Noch vor Jahrhunderten beteten Ikonenmaler vor und während der Arbeit, damit ihre Heiligen auch heilig ausschauen. Sie fasteten streng monatelang bis die Arbeit fertig war, um die Gesichter nicht zu satt oder "wollüstig" aussehen zu lassen. Beim Portraitmalen faste ich nicht immer, doch ich bemerkte: es entsteht immer Sympathie zum Modell, irgendein Kontakt, der während der ganzen Arbeit bleibt und inspiriert. Bei jedem Portraitmalen habe ich ein Glücksgefühl. Ob's daran liegt wieder zu erleben, wie ein einfaches Papier dreidimensional wird, und langsam, wie aus dem Nebel, ein Gesicht erscheint? Obwohl es mit meiner Hilfe passiert, empfinde ich es immer als Wunder. Oder ich werde inspiriert durch Etwas, das in dem Mensch leuchtet - es sind ja die besten Fotos die man als Vorlage bekommt - da stelle ich immer fest, dass alle Leute in ihren besten Momenten schön und harmonisch sind.

Wenn positive Ausstrahlung und Ähnlichkeit erreicht sind, bringe ich die gesamte Bildfläche ins Gleichgewicht, damit das Bild auch von weitem gut aussieht. Das können ein paar Striche im Hintergrund sein, die die Umgebung des Gesichts lebendig machen, oder, bei farbigen Porträts, lasse ich die wichtigsten Farben nochmals im Hintergrund auftauchen (wenn's nötig ist) um so dem Bild eigenes Kolorit (Farbgebung) zu verleihen.


BEISPIELE EINIGER DER WICHTIGSTEN FARB- UND KOMPOSITIONSGESETZE.

Man kann die Gesetze ignorieren - das Bild wird trotzdem seine Liebhaber finden, aber das Ignorieren von Harmoniegesetzen hat immer Disharmonie zur Folge. Das Bild überzeugt (mich) nicht, wenn Fehler darin stecken!

Warum sehen manche Gesichter auf Portraits bläulich aus? Ein gelber Hintergrund ist die mögliche Ursache: Blau und Gelb verstärken sich gegenseitig, da sie im Farbspektrum gegenüber liegen… Durch Mißachten der Tongesetze können komische "Einbeulungen" im Gesicht entstehen…

Ich möchte meinen Auftraggeber die wirkliche Kunst zeigen (wie ich sie verstehe)… und die Kunst entsteht, wenn Professionalität, Spiritualität und Inspiration den Gipfel erreichen…

 

Die Farbe

Erika

Warm-kalt: Licht- und Schattenseite bilden immer zwei Pole: wenn das Licht warm ist, ist der Schatten kalt und umgekehrt, je nach Beleuchtung. Wenn man das nicht beachtet, sind die Gegenstände im Bild flach, die Bildteile fallen auseinander.

Die magische Zahl drei: Eine Farbe (ein Muster) soll mindestens drei Mal im Bild auftauchen. Wenn das nicht der Fall ist, hinterlässt das Gemälde den Eindruck von Unausgewogenheit, als ob etwas fehlen würde.

Die Farbgebung des Bildes: In der Regel hat jedes Bild eine Farbrichtung. Es kann sehr bunt sein, aber ein paar Farben soll man doch weglassen - weniger ist mehr. Genau das Zuviel an Farben macht manche Bilder und Dekorationen kitschig. Und wenn das auch mehrere Farben sind, sollten sie sich ineinander spiegeln und zueinander gehören, natürlich nur, wenn man Harmonie zum Ziel hat.

Die Farbe Schwarz. Oft ist es besser die Farbe Schwarz aus ein paar anderen Farben zusammen zu mischen, als pur anzuwenden - so wird es eine lebendige schwarze Farbe. In der Realität sehen wir sehr selten reines Schwarz, da sich in ihm viele andere Farben spiegeln. Mit anderen Farben gemischt lässt Schwarz die Malerei manchmal dreckig ausschauen, viele Künstler verwenden überhaupt kein Schwarz.

 

Die Komposition

Jedes Bild hat eigene Kompositionsgesetze, es gibt keine starren Regeln. Jedoch gibt's ein paar wirklich wichtige Dinge, die man beachten sollte.

Erika Wie der goldene Schnitt. Der goldene Schnitt ist die Teilung einer Strecke so, dass die gesamte Strecke sich zu dem größeren Teilstück verhält, wie das größere Teilstück zum kleineren. Die Verwendung des Goldenen Schnittes in der Kunst führt zu besonders ästhetischen Ergebnissen, diese Proportion wirkt besonders ansprechend und harmonisch. Viele Künstler setzten den Goldenen Schnitt bewusst ein.

Das Objekt auf dem Bild soll genau so viel Platz einnehmen, dass es möglichst ausdruckstark erscheint: wenn es zu groß für das Format ist und zu wenig "Luft" außen herum bleibt, wirkt es wie ins Blatt hinein gequetscht. Ist dagegen zu viel leeres Feld um das Objekt, sieht es unbedeutend aus.

Häufiger Fehler ist die verrutschte Komposition: zu viel Hintergrund von einer Seite. Wenn Sie es spät bemerkt haben, und der Großteil der Arbeit schon geleistet ist, könnten Sie entweder irgendwelche Objekte, Farbflecken in die "Leere" malen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen, oder, wie bei einem meiner Portraits ("Holländisch"), kann man den Hintergrund selbst verändern: beispielsweise einen anderen Farbverlauf wahlen.

Die wichtigsten und größten Details sollten näher zur Bildmitte sein. Zum Rand hin werden die Details weniger kontrastreich und ziehen auch weniger Aufmerksamkeit auf sich, wie es in einem Fotoobjektiv passiert. Es ist eine Art Hierarchie unter den Bildteilen. Wenn es nicht so ist, ist das Bild oft wie zerrissen, jedes Detail "schreit" und stört das Ganze.

Noch ein Fehler, der dem Bild schadet: Die Objekte auf dem Bild kleben aneinander (begegnen sich genau an ihren Konturen) oder am Bildrand. Besser, ein Objekt befindet sich leicht hinter einem anderen oder mit genügend Abstand dazwischen.

Die Ecke wird nicht zerschnitten: Es ist sehr störend, wenn eine Linie auf dem Bild direkt in die Ecke verläuft - das zieht unangenehm die Aufmerksamkeit auf sich. Genauso schlecht ist es, wenn eine Linie das Bild in der Mitte zerschneidet oder die Objekte in gleichen Abständen zueinander stehen. Das alles sieht künstlich und gezwungen aus.

 

Tonale Gesetze

Die Gegenstände im Vordergrund sind dunkler, schärfer und kontrastreicher. Dahinter Liegendes ist immer heller und unschärfer zum Hintergrund hin.

Es gibt eine dunkelste Stelle und eine hellste. Alles Andere liegt dazwischen. Wenn das Bild gleich-schwarze Schatten durchbohren (unruhig, drückend) oder wenn es zu hell und zu flach ist (unsicher), überzeugt es das Auge nicht. Um richtig dreidimensional zu zeichnen/malen, beobachten wir die Objekte ganz genau und schraffieren zuerst leicht. Allmählich werden die Schatten vertieft, wo es nötig ist. Hier haben wir schon wieder eine Hierarchie, diesmal in der Tonart.

Ein starkes Licht und ein tiefer Schatten sind im Bild fast immer nebeneinander - ein interessantes Phänomen.

Wenn wir den unteren Teil des Bildes dunkler machen, ergibt sich Stabilität. Assoziation: Erde unten und Himmel oben. Wenn es oben dunkler und unten heller ist, wirkt das Bild dramatischer oder unruhiger. Assoziation: etwas befindet sich über uns.